Ausbilderprüfung, praktischer Teil

Das passiert beim praktischen Teil Ihrer Ausbilderprüfung

Vorbemerkungen

Die Ausbilderprüfung nach AEVO (Ausbilder-Eignungsverordnung) dient der Sicherstellung einer Mindestqualifikation des Ausbildungspersonals innerhalb der gewerblichen Ausbildung in Deutschland.

Zunächst wird der schriftliche AEVO-Prüfungsteil absolviert, danach der praktische Prüfungsteil.

Der schriftliche Prüfungsteil ist leichter zu bestehen: Sofern ein Prüfling die Prüfung nicht besteht, liegt es meist am praktischen AEVO-Prüfungsteil (Durchfaller-Quoten).

Der praktische Prüfungsteil findet typischerweise vor drei Prüfern statt. Manchmal sind es auch vier oder sogar fünf Prüfer. Nur im Ausnahmefall darf die praktische Prüfung von nur zwei Prüfern abgenommen werden, BBiG 2020.

Rechtsgrundlage für den praktischen Prüfungsteil ist § 4 Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO):

(3) Der praktische Teil der Prüfung besteht aus der Präsentation einer Ausbildungssituation und einem Fachgespräch mit einer Dauer von insgesamt höchstens 30 Minuten. Hierfür wählt der Prüfungsteilnehmer eine berufstypische Ausbildungssituation aus. Die Präsentation soll 15 Minuten nicht überschreiten. Die Auswahl und Gestaltung der Ausbildungssituation sind im Fachgespräch zu erläutern. Anstelle der Präsentation kann eine Ausbildungssituation auch praktisch durchgeführt werden.

Sonderregelung für Land- und Hauswirtschaft, § 4 (4) AEVO

Im Bereich der Landwirtschaft und im Bereich der Hauswirtschaft besteht der praktische Teil aus der Durchführung einer vom Prüfungsteilnehmer in Abstimmung mit dem Prüfungsausschuss auszuwählenden Ausbildungssituation und einem Fachgespräch, in dem die Auswahl und Gestaltung der Ausbildungssituation zu begründen sind. Die Prüfung im praktischen Teil soll höchstens 60 Minuten dauern.

Im praktischen AEVO-Prüfungsteil werden Sie nicht nur objektiv bewertet

„Prüfer sind auch nur Menschen“, keine emotionslosen Roboter.

Bitte seien Sie sich darüber im Klaren, dass es keine wirklich objektiven mündlich durchgeführten Prüfungen gibt. Das gilt auch für die IHKs und HwKs innerhalb des praktischen AEVO-Prüfungsteils: sowohl für Ihre Präsentation beziehungsweise für Ihre Unterrichts-Simulation (‚Unterweisung‘) als auch für das dann folgende Fachgespräch.

Auch wenn die IHK-Prüfer oder HwK-Prüfer es nicht zugeben werden: Allein schon das Erscheinungsbild eines Prüflings beeinflusst die Bewertung – positiv oder negativ!

Tipp: Stimmen Sie die Prüfer bewusst durch die Wahl Ihres Outfits, durch Ihre Körperhaltung, durch Ihren Gesichtsausdrucks positiv ein: Vermutlich kommen Kaugummi kauende Prüflinge mit dicker Goldkette am Hals und in schlabbriger Jogginghose nicht so gut an. Diese Äußerlichkeiten haben zwar überhaupt nichts mit der fachlichen Kompetenz des Prüflings zu tun, wohl aber mit seiner sozialen Kompetenz!

Zitat IHK Frankfurt: Verbindliches Auftreten und gepflegte Kleidung in der Prüfung lassen Wertschätzung gegenüber der Prüfungssituation bzw. den Prüfern erkennen und machen einen positiven Eindruck.

Übrigens: Eine Jura-Studentin hatte in einer Abschlussprüfung bei der ‚Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht‘ eine vermeintlich nicht angemessene Kleidung (Jeans und T-Shirt mit Punkten) getragen. Dies führte zu einer schlechteren Note. Durch Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin musste eine Note korrigiert werden (Aktenzeichen: 12 K 529.18). – Das ist ein ganz seltener Ausnahmefall: Üblicherweise werden Prüfungsergebnisse – auch bei der AEVO-Prüfung – selbst durch Gerichtsentscheidungen nicht korrigiert.

Start des praktischen AEVO-Prüfungsteils

Sie werden nach der Begrüßung gebeten, sich per Ausweis o. ä. zu identifizieren. Anschließend werden Sie gebeten, dass Sie sich am Ihnen zugewiesenen Platz hinsetzen.

Die meisten AEVO-Prüfungsausschüsse geben dem Prüfling dann die Gelegenheit, sich kurz vorzustellen.

In seltenen Fällen erfahren Sie schon jetzt das Ergebnis des schriftlichen Teils Ihrer AEVO-Prüfung.

Danach beginnt das eigentliche Prüfungsgeschehen.

Die zwei Teile innerhalb der praktischen AEVO-Prüfung

Die maximal 30 Minuten für die praktische Prüfung teilen sich auf in:

Grafik zure Struktur der praktischen AdA-Prüfung
links: jeweils erster Teil – rechts: jeweils zweiter Teil

erster Teil: maximal 15 Minuten für die ‚Präsentation einer berufstypischen Ausbildungssituation‘ (üblicher verkürzt: ‚Präsentation‘) oder für die ‚Durchführung einer berufstypischen Ausbildungssituation‘ (korrekter Kurzbegriff: ‚Unterrichts-Demonstration‘ oder ‚Unterrichts-Simulation‘)

veralteter Kurz-Begriff: ‚Unterweisung‘ – ‘Unterweisung’ wurde in einer früheren Version der Ausbilder-Eignungsverordnung verwendet. Er ist auch heute noch gebräuchlich und meint die ‚Simulation‘ eines kleinen Unterrichts.

Die meisten IHKs nutzen für den ersten Teil die maximal vorgeschriebene Zeit von 15 Minuten. Einige IHKs, zum Beispiel die IHK Köln und ihre Zweistellen in Gummersbach und Leverkusen, beschränken den ersten Teil der praktischen AEVO-Prüfung auf 10 Minuten.

zweiter Teil: Fachgespräch – Das Fachgespräch findet in der verbleibenden Zeit statt, also in den restlichen 15 bzw. 20 Minuten (zum Beispiel bei der IHK Köln).

Wahlmöglichkeiten der Prüflinge bei der AEVO-Prüfung

Als ersten Teil der praktischen Prüfung führen Sie also eine ‘Präsentation’ oder einen ‚Demonstrations-Unterricht‘ durch. – „Hierfür wählt der Prüfungsteilnehmer eine berufstypische Ausbildungssituation aus.“ § 4 (3) AEVO

1. Sie, als Prüfling, dürfen die Methode bestimmen: Präsentation oder ‚Durchführung‘

Meine Empfehlung: Führen Sie eine Unterrichts-Simulation durch! Sie ist einfacher … und hat gegenüber den Präsentation weitere Vorteile! Begründung

2. Auch die Inhalte bestimmen Sie, als Prüfling!

Zitat IHK Frankfurt: Unverzichtbar ist daher ein eindeutiger und direkt nachvollziehbarer Bezug zur Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf.

Typischerweise werden Sie bei der Unterrichtssituation einen Basis-Lerninhalt aus Ihrem Beruf wählen, zu dem der Azubi kein fachliches Vorwissen braucht. – Basis-Inhalt deshalb, weil Sie unter Umständen einen berufsfremden Azubi unterrichten müssen, nämlich

  • einen Prüfer, der die Azubi-Rolle übernimmt
  • oder einen anderen AEVO-Prüfling, den Sie bis dahin nicht kannten.

Auszug / Screenshot aus den FAQ meines AEVO-OnlineKurses (Aufbau-Modul) zum Stichwort ‚Vorwissen‘:

Auszug aus den FAQ meines AEVO-OnlineKurses / Aufbau-Modul
Mögliche Inhalte für Ihre Unterrichts-Simulation können Sie aus dem Ausbildungsrahmenplan Ihres Ausbildungsberufes ableiten, zum Beispiel:

… sofern Sie diese Inhalte selber gut beherrschen – eigentlich eine Selbstverständlichkeit!

Die folgenden Stichworte stellen noch keine ’sauber formulierten‘ Fein-Lernziele dar! – Das Feinlernziel innerhalb der Ausbilderprüfung sollten Sie sorgfältig formulieren!

Nutzen Sie die Stichworte als Anregung:

  • Außengewinde schneiden
  • Blutdruck messen
  • Banküberweisung ausfüllen
  • Beratungsgespräch führen
  • Berufsausbildungsbeihilfe berechnen
  • Blutzucker messen
  • Bremsflüssigkeit überprüfen
  • Bremsleitungen anfertigen
  • Bremsleitungen bördeln
  • Brillenbügel kürzen
  • Bügelmessschraube ablesen
  • CRM Frachtbrief ausstellen
  • Dauerwelle wickeln
  • Dichte von Feststoffen bestimmen
  • Dichte von Flüssigkeiten bestimmen
  • Drehstrommotor anklemmen
  • drei Teller tragen
  • Eingangsrechnung prüfen
  • Einspruchsfrist berechnen
  • elektrische Spannung messen

Detail-Infos: ‚Lernziele‘

Für jeden anerkannten Ausbildungsberuf gibt es einen Ausbildungsrahmenplan.

Überleitung zum AEVO-Fachgespräch / Selbstreflektion erwünscht

Zum Abschluss der Präsentation bzw. des Demonstrations-Unterrichts und als Überleitung zum AEVO-Fachgespräch werden die Prüflinge häufig gefragt, welchen Eindruck sie selber von ihrer soeben gezeigten Leistung hatten.

Meine Empfehlung

Denken Sie – als Antwort auf diese mögliche Prüferfrage – laut über folgenden Punkte nach:
  • Was war mein Lernziel?
  • In welcher Weise hatte ich den Unterricht begonnen?
  • Was waren meine weiteren Einzelschritte / Lernschritte?
  • Welchem Zweck dienten diese Einzelschritte?
  • Wie hatte ich den Azubi aktiviert, also in die Erarbeitung des Lerninhalts eingebunden?
  • In welcher Weise hatte ich den Azubi motiviert?
  • Wie hatten ich den Unterricht zu Ende geführt?
  • Welche Teile erscheinen erscheinen mir gut gelungen und warum?
  • Welche Teile waren leider nicht so gut gelaufen? Was könnte der Grund hierfür gewesen sein?

Eine selbstkritische Reflektion hat Vorteile:

  • Manchmal haben die Prüfer gar nicht so viel zu bemängeln: “So schlimm war das doch gar nicht!”
  • Andererseits nimmt man den Prüfern mit einer ehrlichen Selbstkritik ‚den Wind aus den Segeln‘, falls Ihnen wirklich gravierende Fehler unterlaufen waren. – Selbstkritik kommt auf jeden Fall bei den meisten Prüfern besser an, als vor gespieltem Selbstbewusstsein nur so zu strotzen …

Manche Beobachtungs-Checklisten, die den Prüfern als Bewertungshilfe für den praktischen Prüfungsteil dienen, enthalten auch den Punkt ‚Selbstreflektion‘ / ‚Selbstkritik und ‚Umgang mit Kritik‘ …

weitere Details zu ‚AEVO-Fachgespräch‘

Wie bewerten die Prüfer den praktischen AEVO-Prüfungsteil?

Man darf davon ausgehen, dass die Mitglieder aller Prüfungsauschüsse einen Bewertungsbogen nutzen, mit dessen Hilfe sie die Bewertung der Prüfungsleistung ermitteln.

Es gibt keinen einheitlichen Bewertungsbogen der IHKs für die Ausbilderprüfungen.

Die meisten IHKs halten ihren Bewertungsbogen geheim. Das ist nicht nachvollziehbar: Der Prüfling sollte doch die Möglichkeit haben zu erfahren, anhand welcher Kriterien seine Leistung innerhalb des praktischen AEVO-Prüfungsteils konkret bewertet wird.

Die Geheimhaltung hat allerdings für die IHKs den Vorteil, dass sie sich nicht mit möglicher Kritik an ihrem jeweiligen Bewertungsbogen auseinandersetzen müssen … Hintergrund dieser Andeutung: Ich habe gegen mehrere IHKs und gegen eine HwK erfolgreich Aufsichtsbeschwerden eingereicht – wegen dauerhaft rechtswidriger Durchführung der Ausbilderprüfung.

Folgende Bewertungskriterien zum praktischen Teil der Ausbilderprüfung sind mir bekannt:

IHK Frankfurt
  • Einstieg, Vorkenntnisse, Darstellung des Lernziels, Strukturierter Aufbau
  • Aktivierung des Auszubildenden, Motivation
  • Kommunikation mit dem Auszubildenden
  • Geeignete Methodenwahl
  • Lernerfolgskontrolle, Lernerfolgssicherung, Transfermöglichkeit ➢ Einsatz von Medien bzw. Betriebsmittel  
IHK Ruhr
Bewertungsbogen der IHK Ruhr für die praktische AdA-Prüfung: Lehrgespräch

kritische Anmerkungen zu diesem AEVO-Bewertungsbogen

IHK Duisburg, 2016
Bewertungsbogen der IHK Duisburg für die praktische AdA-Prüfung: Praktische Durchführung und Fachgespräch
IHK Düsseldorf

Zitat: Bewertungskriterien können u. a. sein:

  • Eröffnung der Präsentation / praktischen Durchführung
  • Strukturierter Aufbau der Präsentation / praktischen Durchführung
  • Strukturierte, planmäßige Vorgehensweise
  • Gestaltung des Lernprozesses
  • Lernziel nachvollziehbar präsentiert bzw. besprochen
  • Lernmotivation des Auszubildenden
  • Begründung der Lösung/Methodenauswahl/pädagogisches Handeln
  • Erfolgssicherungsmaßnahmen
  • Kommunikation, Ausdruck, Interaktion mit dem Azubi
  • Zeitlicher Rahmen, Visualisierung / Medieneinsatz

Bewertungs-Kataloge weiterer IHKs

Wie werden die zwei Teile der praktischen Ausbilderprüfung gewichtet?

Für die Bewertung des praktischen Teils der Ausbildereignungsprüfung werden das Ergebnis aus der Präsentation bzw. aus der ‚Unterweisung‘ einerseits und das Ergebnis des Fachgesprächs andererseits zusammengefasst. Dabei müssen beide Teile gleich gewichtet werden, also mit jeweils 50%.

Eine Ausnahme gibt es bei der IHK Köln. Deren ungleiche Bewertung (Das Fachgespräch wird dort nur nur mit dem Faktor 0,4 gewertet.) wird nach meiner Einschätzung – mit Verweis auf eine offizielle Erklärung des DIHK – einer richterlichen Prüfung nicht standhalten! – Ggf. stelle ich den TeilnehmerINNEn meines AEVO-OnlineKurses gern den Wortlaut dieser Erklärung zur Verfügung.

Schlussphase des praktischen Teils Ihrer Ausbilderprüfung

Nach dem Fachgespräch werden Sie gebeten, den Prüfungsraum für ein paar Minuten zu verlassen. In dieser Zeit beraten die Prüfer über Ihre Leistung im praktischen Prüfungsteil.

Über die Bewertung des praktischen AEVO-Prüfungsteils erstellt der Prüfungsausschuss ein Prüfungsprotokoll. – Sie haben übrigens das Recht, das Prüfungsprotokoll später, nach Anforderung, einzusehen.

Nachdem Sie wieder in den Prüfungsraum hereingeholt worden sind, wird Ihnen das Prüfungsergebnis bekanntgegeben.

Sie haben den praktische Prüfungsteil bestanden, sofern Sie mindestens 50%-Punkte erreicht haben.

Sofern Sie auch den schriftlichen Prüfungsteil bestanden hatten, wird Ihnen die Prüfungsurkunde (der ‚Ausbilderschein‘ / ‚Ada-Schein‘) im Normalfall per Post zugestellt, in seltenen Fällen erhalten Sie die beiden Prüfungs-Urkunden / zwei Varianten des AdA-Scheins sofort.

Falls ein Prüfling bei dem praktischen Prüfungsteils durchgefallen ist, (Die Durchfaller-Quote liegt über 20%.) braucht er lediglich diesen Prüfungsteil zu wiederholen.

Es sind maximal zwei Prüfungs-Wiederholungen möglich.

Bewertungen mündlicher Prüfungen auch von der Tageszeit abhängig?

Es gibt eine wissenschaftlichen Untersuchung zweier renommierter Universitäten (Columbia University, Ben Gurion-University) über die Milde bzw. die Strenge von Richtern in Strafprozessen: Morgens und nach der Mittagspause werde relativ milde geurteilt.

Die Urteile fielen morgens zu 65% zugunsten der Beschuldigten aus, kurz vor der Mittagspause fast nur noch zum Nachteil der Beschuldigten. (Quelle: WDR, Sendung ‘hart aber fair’ vom 20. April 2015)

Der praktische Prüfungsteil ist zwar kein Strafprozess, aber die IHK-Prüfer könnten einmal darüber reflektieren, ob auch ihre Entscheidungen dem Phänomen dieser ‚Kantinenstudie‘ entsprechen … …

Wie gut wissen Sie bereits für Ihre Ausbilderprüfung Bescheid?


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