Inhalt dieser Seite
- Drei plus drei Schritte
- berufliche Handlungsfähigkeit
- Konkretisierung der beruflichen Handlungskompetenz durch die Ausbildungsordnungen
- Die sechs Handlungs-Schritte beim Modell der vollständigen Handlung
- Was ist mit den sechs Begriffen konkret gemeint?
- Wie verhält sich der Ausbilder beim Modell der vollständigen Handlung?
- Modell der vollständigen Handlung – Wozu dient es?
- Die berufliche Handlungskompetenz ist Gegenstand der Azubi–Abschlussprüfungen
- Gefällt auch Ihnen diese Eselsbrücke?
- Können Sie folgende drei Fragen im Zusammenhang mit dem ‘Modell der vollständigen Handlung’ beantworten?
Drei plus drei Schritte

Manchmal wird das Modell der vollständigen Handlung auch als ‘Prinzip der vollständigen Handlung’ bezeichnet.
Sie sollten dieses Prinzip (und die Zusammenhänge in Verbindung mit dem BBiG und den Ausbildungsordnungen) gut verstanden haben, damit Sie die richtigen Auswahlantworten im schriftlichen Teil Ihrer AdA-Prüfung anklicken können: Nach meiner Erfahrung ist das Modell der vollständigen Handlung in jeder schriftlichen Ausbilderprüfung enthalten. Auch im Fachgepräch wird häufig danach gefragt.
Beim ‘Modell der vollständigen Handlung’ handelt es sich um ein relativ neues pädagogisches Prinzip zur Förderung von Schlüsselqualifikationen.
Es gibt weit mehr als 200 so genannte Schlüsselqualifikationen. Sie können in drei Gruppen zusammengefasst werden:
- Methodenkompeten
- Sozialkompetenz
- Humankompetenz
Diese drei Kompetenzarten plus die Fachkompetenz ergeben zusammen die berufliche Handlungsfähigkeit beziehungsweise die berufliche Handlungskompetenz.
Nicht richtig ist der Begriff ‘6-Stufen-Methode’. Die Verwechslungsgefahr ergibt sich deshalb, weil das Modell der vollständigen Handlung aus sechs Elementen besteht.
berufliche Handlungsfähigkeit
§ 1 (3) BBiG in der Version von 2005 lautet:
“Die Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit … notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. …”
Berufliche Handlungsfähigkeit bedeutet letztlich: Ein Azubi soll nach Abschluss seiner Ausbildung in der Lage sein, die typischen Arbeiten des betreffenden Berufs ausführen zu können. Er soll beruflich qualifiziert handeln können.
§ 1 (3) BBiG ist aber umfassender, als er oben zitiert wurde.
“Die Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. …“
Im privaten und im beruflichen Bereich ändert sich viel im Laufe der Zeit: Was vor fünf Jahren noch gültig war, kann inzwischen komplett veraltet sein.
Die rein berufs-fachliche Qualifikation, die ein Azubi während seiner Ausbildung erwirbt, reicht heute längst nicht mehr für die nächsten fünf oder gar die nächsten zwanzig Jahre aus! – Die berufliche Handlungsfähigkeit der Zukunft erfordert mehr!
Deshalb soll die moderne Berufsausbildung die Azubis befähigen, leichter als früher mit beruflichen Veränderungen zurechtzukommen. Es reicht also nicht mehr, nur die aktuellen beruflichen Anforderungen erfüllen zu können.
Während der Ausbildung sollen die Qualifikations-Grundlagen gelegt werden, damit die Azubis auch den zu erwartenden künftigen beruflichen Anforderungen gerecht werden können. Um das zu erreichen, müssen die Schlüsselqualifikationen gefördert werden.
Schlüsselqualifikationen haben mit den fachlichen Anforderungen der Ausbildungsberufe nicht unmittelbar etwas zu tun. Statt dessen sind sie der Schlüssel zum Erfolg in jedem Beruf.
Der folgende Screenshot stammt aus dem
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Konkretisierung der beruflichen Handlungskompetenz durch die Ausbildungsordnungen

In den Ausbildungsordnungen wird die berufliche Handlungskompetenz näher erläutert als im BBiG. Zum Beispiel lautet § 3 der Ausbildungsordnung ‘Kaufmann / Kauffrau für Dialogmarketing’:
“Die in dieser Verordnung genannten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sollen so vermittelt werden, dass die Auszubildenden zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 des Berufsbildungsgesetzes befähigt werden, die insbesondere selbstständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren einschließt. …” .
Die Aufzählung (Planen, Durchführen, Kontrollieren) ist also nicht abschließend gemeint, sondern diese drei Punkte sind es “insbesondere“.
Die Abbildung zeigt zunächst nur die drei Begriffe ‘Planen’, Durchführen’ und ‘Kontrollieren’. Das sind die drei Begriffe, die im BBiG und in den Ausbildungsordnungen aufgezählt sind. – Beim Modell der vollständigen Handlung kommen noch drei weitere Punkte hinzu.

Die sechs Handlungs-Schritte beim Modell der vollständigen Handlung
Die Abbildung zeigt die sechs Handlungs-Schritte. Der Kreislauf beginnt bei ‘Informieren’:

- Die Begriffe auf den grünen Karten stammen aus dem BBiG und aus den Ausbildungsordnungen. Vermutlich enthalten alle Ausbildungsordnungen der etwa 325 Ausbildungsberufe diese drei Begriffe.
- Das pädagogische Modell der vollständigen Handlung umfasst auch die Begriffe auf den orangefarbenen Karten: Informieren, Entscheiden und Bewerten. Das ist die Konkretisierung von ‘insbesondere‘.
- Die Forderung nach Selbstständigkeit gilt für alle sechs Abschnitte.
- In den Phasen Entscheiden und Bewerten greift der Ausbilder ein, und zwar als Lernberater oder Prozessbegleiter. – In den anderen vier Abschnitten arbeitet der Azubi allein.
Was ist mit den sechs Begriffen konkret gemeint?

Das lässt sich gut an einem Beispiel verdeutlichen:
Angenommen ein Azubi in einer Versicherungsagentur bekommt die Aufgabe, das Schaufenster des Betriebes zu dekorieren.
Der Azubi erfährt lediglich die Aufgabe, nicht jedoch, wie die Schaufenster-Dekoration später aussehen soll und auch nicht, wie er vorgehen soll. Und es wird unterstellt, dass dieser Azubi nicht bereits einige Wochen / Monate vorher dieselbe Aufgabe schon einmal bekommen hatte.
Übrigens: Genau eine solche Aufgabenstellung kann als Projektmethode bezeichnet werden!
Möglicherweise erst nach holprigem Projektablauf mit Umwegen und Fehlern werden der Lernberater und der Auszubildende gemeinsam in der abschließenden Bewertung feststellen:
- ob die zu Beginn des Projekt vom Azubi beschafften Informationen ausreichend waren und von ihm richtig verstanden wurden
- wie gut der Azubi seine Arbeitsschritte geplant und ob er auch alternative Lösungen durchdacht hatte
- ob seine Entscheidung zwischen zwei oder mehr Durchführungs-Varianten richtig war
- wie geschickt sich der Azubi bei der Durchführung angestellt hatte
- ob der Azubi seine Arbeitsergebnisse umfassend genug kontrolliert hatte
Wie verhält sich der Ausbilder beim Modell der vollständigen Handlung?

Beim Modell der vollständigen Handlung verlässt der Ausbilder ‘alter Schule’ seine klassische Rolle: Er wird zum Lernberater bzw. zum Prozessbegleiter.
Sehen Sie hierzu eine Unterlage
aus meinem AEVO-OnlineKurs:

Können Sie nach dem Lesen der oben stehenden Erklärungen bereits die berufliche Handlungskompetenz in Verbindung mit den sechs Abschnitten aus dem Modell der vollständigen Handlung erklären und die vier noch leeren Felder der obigen Tabelle gedanklich füllen?
Modell der vollständigen Handlung – Wozu dient es?

Das Modell der vollständigen Handlung ist ein Denkmodell: Es soll den Ausbildern bewusst machen, nicht nur die aktuell erforderlichen berufs-fachlichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Hierfür würden die klassischen Unterrichtsmethoden reichen, also insbesondere das Lehrgespräch und die modifizierte 4-Stufen-Methode.
Statt dessen sollen die Ausbilder auch geeignete Unterrichtsmethoden einsetzen, um die Selbstständigkeit der Auszubildenden und generell ihre ‘Schlüsselqualifikationen’ zu fördern. Die Ausbilder sollen also auch handlungsorientierte Unterrichte durchführen.
Zu den Unterrichtsmethoden, die die Selbstständigkeit und die anderen wichtigen Schlüsselqualifikationen der Azubis besonders fördern, gehören insbesondere die Projektmethode und die Leittextmethode. Gerade diese beiden Unterrichtsmethoden gelten deshalb als besonders handlungsorientiert.
Natürlich sind auch die normalen beruflichen Tätigkeiten, also die praktische Mitarbeit im ausbildenden Betrieb, handlungsorientiert.
Die berufliche Handlungskompetenz ist Gegenstand der Azubi–Abschlussprüfungen

§ 38 BBiG (Prüfungsgegenstand) benennt, was in der Abschlussprüfung festgestellt werden soll, nämlich:
“Durch die Abschlussprüfung ist festzustellen, ob der Prüfling die berufliche Handlungskompetenz erworben hat. In ihr soll der Prüfling nachweisen, dass er die erforderlichen beruflichen Fertigkeiten beherrscht, die notwendigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt und mit dem im Berufsschulunterricht zu vermittelnden, für die Berufsausbildung wesentlichen Lehrstoff vertraut ist. …”
Gefällt auch Ihnen diese Eselsbrücke?

In meinem AEVO-OnlineKurs und auch innerhalb meiner AEVO-Lernkartei gibt es unter anderem folgende Kreativ-Geschichte (‘Eselsbrücke’) zum schnelleren Einprägen und leichteren Erinnern – eine ungewöhnliche Hilfe für Ihre Ausbilderprüfung!
Ein Dankeschön auch an dieser Stelle an den betreffenden Ausbilder eines meiner Ausbilderkurse in Wuppertal; denn diese Merkhilfe stammt von ihm.
- Ein Einfamilienhaus-Interessent informiert sich auf einer Fertighaus-Ausstellung über die grundsätzlichen Konzepte der verschiedenen Anbieter.
- Er überlegt sich anschließend einige wenige Alternativen und deren Kostenvarianten; er plant.
- Anschließend entscheidet er sich für eine Variante und den betreffenden Hersteller.
- Der Fertighaus-Hersteller erstellt das gewünschte Haus in seiner Fertigungshalle und stellt es anschließend innerhalb von drei Tagen auf. (Durchführung)
- Der Bauherr besichtigt das Haus und kontrolliert unter anderem, ob sich alle Fenster und Türen einwandfrei öffnen und schließen lassen.
- Kurze Zeit später erscheint der Versicherungsvertreter und schlägt die passende Versicherungssumme (Bewertung) vor.
Können Sie folgende drei Fragen im Zusammenhang mit dem ‘Modell der vollständigen Handlung’ beantworten?
- Das Ziel der Berufsbildung ist die berufliche Handlungsfähigkeit. – Wie beschreibt das BBiG die berufliche Handlungskompetenz?
- Im Zusammenhang mit ‘Handlungskompetenz’ wird häufig das ‘Modell der vollständigen Handlung’ genannt. – Aus welchen Teilbereichen besteht das ‘Modell der vollständigen Handlung’?
- Die sechste Phase einer ‘kompletten Arbeitshandlung’ ist ‘Bewerten’. – Welches Ziel verfolgt man bei der sechsten Phase?
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