AEVO-Prüfung: Präsentation oder Unterweisung

Die Begriffe sollten geklärt werden

Die zwei Phasen des praktischen Teils der Ausbildereignungsprüfung

Grafikblöcke: Struktur des praktischen Teils der Ausbildereignungsprüfung nach AEVO
links: die erste Phase – rechts: die zweite Phase

AEVO-Begriffe – umgangssprachliche Begriffe

§ 4 (3) AEVO (Ausbilder-Eignungsverordnung): “Der praktische Teil der Prüfung besteht aus der Präsentation einer Ausbildungssituation und einem Fachgespräch mit einer Dauer von insgesamt höchstens 30 Minuten. Hierfür wählt der Prüfungsteilnehmer eine berufstypische Ausbildungssituation aus. Die Präsentation soll 15 Minuten nicht überschreiten. Die Auswahl und Gestaltung der Ausbildungssituation sind im Fachgespräch zu erläutern. Anstelle der Präsentation kann eine Ausbildungssituation auch praktisch durchgeführt werden.”

  • Präsentation einer Ausbildungssituation” kann leicht verkürzt werden auf “Präsentation“: Eine Präsentation kann man durchführen.
  • Ausbildungssituation auch praktisch durchgeführt …” Damit kann gemeint sein: eine Anleitung oder eine Unterrichtung oder …(?)”= “Durchführung einer Ausbildungssituation”: Eine Verkürzung auf “Durchführung” macht sprachlich Schwierigkeiten: Eine Durchführung durchführen(?) – Deshalb wird allgemein noch immer gern der frühere offizielle Begriff “Unterweisung” verwendet.

    In diesem Beitrag verwende ich neben dem veralteten / falschen Begriff ‘Unterweisung‘ (weil er noch üblich ist) auch die Begriffe ‘Unterrichts-Simulation‘ / ‘Unterrichts-Demonstration‘, weil genau das zu Beginn des praktischen Teils der Ausbildereignungsprüfung passiert – sofern nicht die Präsentation gewählt wurde.

    Screenshot von der Webseite der IHK Köln, August 2023:
Screenshot von einer Unterlage der IHK Kön mit dem Begriff Unterweisung

Die Unterrichts-Simulation wird typischerweise als Lehrgespräch oder als 4-Stufen-Methode durchgeführt. – Die Entscheidung für die eine oder die andere Unterrichts-Methode hängt vom Lernziel ab: Eine falsch gewählte Methode gefährdet das Bestehen des praktischen Teils der AEVO-Prüfung!

Unterweisung oder Präsentation – Wer darf innerhalb der AEVO-Prüfung wählen?

Weil ein Teil der IHKs den Prüflingen das Wahlrecht jahrelang – rechtswidrig – verweigert hatte, hier der betreffende Textteil der Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO):

§ 4 (3) AEVO: Der praktische Teil der Prüfung besteht aus der Präsentation einer Ausbildungssituation und einem Fachgespräch mit einer Dauer von insgesamt höchstens 30 Minuten. Hierfür wählt der Prüfungsteilnehmer eine berufstypische Ausbildungssituation aus. Die Präsentation soll 15 Minuten nicht überschreiten. Die Auswahl und Gestaltung der Ausbildungssituation sind im Fachgespräch zu erläutern. Anstelle der Präsentation kann eine Ausbildungssituation auch praktisch durchgeführt werden.

Nach meiner Kenntnis gibt es noch immer einzelne IHKs, die ihre Ausbilderprüfung insoweit rechtswidrig durchführen. Diese IHKs wollen – aus welchen Gründen auch immer – vor allem eine Präsentation erleben und nicht die Unterweisung.

Gegen mehrere IHKs, die den Teilnehmern meiner Seminare zur Vorbereitung auf die Ausbilderprüfung das Wahlrecht verweigert hatten, hatte ich – erfolgreich – jeweils eine Aufsichtsbeschwerde eingelegt.

spezieller Fall bei der IHK Hannover:

Auszug aus einem Merkblatt der IHK Hannover
Auszug aus einem Merkblatt der IHK Hannover zur AEVO-Prüfung, 08.2023

Dieses Vorgehen könnte im Streitfall als eine nicht zulässiges Beeinflussung der Prüflinge hinsichtlich ihrer Wahlfreiheit gewertet werden.

Ich empfehle jedem Prüfling, eine Unterweisung / Unterrichts-Simulation durchzuführen – also keine Präsentation.

Warum empfehle ich die ‘Unterweisung’ (die praktische Durchführung) für die AEVO-Prüfung?

1. Pädagogik ist wichtiger

Ein Kurs zur Vorbereitung auf die Ausbilderprüfung soll in erster Linie die Kompetenz der Ausbilder stärken, Azubis praktisch auszubilden.

Ausbilder sollen Azubis bei der 4-Stufen-Methode bzw. beim Lehrgespräch aktivieren können. – Nach meiner Erfahrung mit mehr als 1.000 Seminarteilnehmern fällt es den allermeisten Ausbildern schwer, Azubis innerhalb der Unterrichte zu aktivieren.

Es kann nicht Ziel eines Seminars zur Vorbereitung auf die AEVO-Prüfung sein, Azubis gegenüber gute Präsentationen durchführen zu können: Bei Präsentationen bleiben die Azubis in der passiven Haltung des Zuhörens und des Zuschauens.

Lernkarte 215 der AEVO-Lernkartei: passives Verhalten beim Vortrag und bei der Präsentation
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2. Konzentration aufs Wesentliche

In den letzten Jahren musste die Dauer für die Vorbereitungsseminare auf die Ausbilderprüfung aus Kostengründen immer mehr gekürzt werden.

Bei verkürzter Seminardauer ist es sinnvoller, sich auf gutes pädagogisches Arbeiten zu konzentrieren, anstatt die zur Verfügung stehende Seminarzeit auf gutes pädagogisches Arbeiten und auf gutes Präsentieren zu verteilen.

  • In der Unterrichts-Simulation / Unterweisung geht es lediglich darum, einen berufs–fachlichen Inhalt pädagogisch gut zu vermitteln: Den berufs–fachlichen Inhalt beherrschen die zu prüfenden Ausbilder ja bereits!
  • Bei der Präsentation geht es dagegen um zwei Anforderungen, nämlich um die pädagogischen Aspekte einer Ausbildungssituation und um die Aspekte einer überzeugenden Präsentation.

3. Zielgruppe für die Ausbilder

Ausbilder haben im Berufsalltag eher Azubis zu unterrichten, als vor dem Betriebsrat oder der Geschäftsleitung zu präsentieren!

4. Fraglicher Nutzen von Präsentationen

Der teilweise hochgelobte Nutzen von Präsentationen wird von der pädagogischen Wissenschaft angezweifelt.

Christof Wecker, Professor für Empirische Unterrichtsforschung an der Uni Hildesheim, hat auf der Basis von 40 weltweit veröffentlichter Studien eine Meta-Analyse durchgeführt.

Wecker kommt danach zum Schluss: “Der Effekt ist klein. … Die Zuhörer lernen nur ein kleines Bisschen mehr, wenn der Vortragende Folien einsetzt.

5. Uneinheitliche AEVO-Prüfungsanforderungen

Die Anforderungen der Prüfer in den einzelnen IHKs zu den sogenannten Unterweisungen unterscheiden sich seit Jahren.

Aber noch mehr Unterschiedlichkeit gibt es bei der Bewertung von Präsentationen!

zur Verdeutlichung:

Ein cleverer Ausbilder war bei der IHK Köln bereits zweimal – bei zwei verschiedenen AEVO-Prüfungskommissionen – mit seiner Präsentation durchgefallen.

Die beiden Prüfungskommissionen hatten nach Auskunft des Prüflings jeweils unterschiedliche Vorstellungen von der Präsentation. Der zuständige IHK-Geschäftsführer hatte das nach einigem Hin und Her eingestehen müssen.

Danach hatte dieser Ausbilder Kontakt zu mir aufgenommen. Ich habe ihn in einem Einzel-Coaching auf eine Unterrichts-Simulation (Unterweisung) vorbereitet. Schließlich hatte dieser Ausbilder – im dritten und letztmöglichen Anlauf – seine AEVO-Prüfung bei der IHK Bonn mit 92% = ‘Sehr gut‘ bestanden, siehe Fall 3

6. Der wichtigste Grund

Es ist für die Prüflinge deutlich einfacher, eine gute Unterweisung (Unterrichts-Simulation) durchzuführen anstatt eine gute Präsentation!

Das ist übrigens auch die Meinung des stellvertretenden Leiters ‘Aus- und Weiterbildung’ der IHK Koblenz, Zitat:

“… die mündlichen Prüfungsergebnisse fallen seit der letzten Novelle der Prüfungsordnung durchgehend schlechter aus als bei den schriftlichen Prüfungen (dort hat sich gegenüber der früheren Verordnung auch inhaltlich kaum etwas geändert). Aber genau diesem Prozess wollen wir – unabhängig vom Bildungsträger – begegnen, indem wir versuchen bei den Ursachen ein ‘bestimmtes’ Muster zu finden. Am meisten Probleme bereitet wohl die Präsentation.

ein Post im Forum des Bundesinstituts für Berufsbildung:

Mein Kurslehrer hat uns damals klipp und klar gesagt, was geht und was eben nicht. Das ging so weit, dass er uns alle genötigt hat, ein Lehrgespräch durchzuführen, da die Durchfallquote bei Präsentationen exorbitant hoch war.

Fazit

Aus diesen Gründen, aber vor allem wegen des sechsten Grunds, führten die mehr als 1.000 Teilnehmer meiner früheren Präsenzseminare zur Vorbereitung auf die AEVO-Prüfung nur Unterweisungen durch.

Das gilt seit mehreren Jahren auch für meinen AEVO-OnlineKurs.

wichtig zu wissen: Was alles gehört zu ‘Durchführung einer Ausbildungssituation’?

Wie gut wissen Sie bereits Bescheid für Ihre AEVO-Prüfung?

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zur AEVO-Prüfung

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Screenshot einer Rezension auf Amazon

Das für die AEVO-Prüfung erforderliche Wissen ist umfangreich und vielfach nicht logisch ableitbar.

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Meinungsaustausch zwischen meiner Kollegin, Sigrid Martin, und mir zum Thema ‘Präsentation’ in der AEVO-Prüfung

Screenshot einer eMail zur Präsentation

Sigrid Martin:

Im Prinzip hat die IHK damit recht. Je nachdem, wie es gemeint ist.

Wenn es bedeutet, die Durchführung einer Ausbildungssituation in der praktischen Prüfung sei „veraltet“ und wird nicht mehr so gemacht, dann ist das falsch – die Durchführung ist in der Verordnung als Prüfungsinstrument genannt und kann damit auch genommen werden. Der Prüfungsteilnehmer hat laut AEVO das Wahlrecht. Was veraltet ist, ist der Begriff „Unterweisung“  und das dazu passende Rollenverständnis.

Wenn es bedeutet, dass die „Unterweisung“ im Rollenverständnis, Rollenbild und moderner Ausbildung überholt und veraltet ist, dann hat der Prüfungsausschuss eine Menge gelernt und verstanden und ich freue mich darüber. Es ist dann nur schlecht kommuniziert. Die Präsentation einer Ausbildungssituation lässt moderne zeitgemäße Ausbildungsmethoden und -gestaltung zu und entspricht damit den Vorgaben aus den Ausbildungsordnungen nach Selbstständig Planen, Durchführen und Kontrollieren, also der vollständigen Handlung.

Das alles heißt nicht, dass die 4-Stufen-Methode und das Lehrgespräch verteufelt werden, es sind aber eben ausbilderzentrierte Methoden, die wenig Kreativität und selbstständiges Denken und Handeln zulassen. Deshalb sind die auszubildendenzentrierten Methoden keine Begleiterscheinungen, sondern Methoden, die helfen, Ausbildungsziele zu erreichen und Auszubildende zu selbstständig denkenden und handelnden Mitarbeitern zu entwickeln, im Sinne der Lernprozessbegleitung.

Aber was wichtig ist: Die Präsentation ist das Prüfungsinstrument für die AEVO und nicht die Ausbildungsmethode für die Auszubildenden. Bitte nicht verwechseln. Natürlich werden Azubis nicht ausschließlich mit Präsentationen ausgebildet, sondern es geht heute im Rollenbild um ganzheitliches Handeln und nicht ausschließlich um Vor- und Nachmachen und die Beistelllehre – da sind wir schon mehrere Jahrzehnte drüber weg.

Meiner Meinung nach eignet sich die Präsentation sehr gut für diese Prüfung, da Prüfungsteilnehmer:in die Planung und beabsichtigte Durchführung methodisch und didaktisch durchdenkt und dies dem Prüfungsausschuss nahe bringt. Ich halte nichts von den eingeübten Pseudoausbildungseinheiten – daran kann ich keine Ausbilderkompetenz erkennen. Ich finde Präsentationen auch nicht schwieriger als Durchführungen – Ausbilder:innen müssen doch in vielen Situationen des Ausbilderinnenlebens selbst präsentieren oder ihren Auszubildenden das beibringen, da es für diese zur Prüfung gehört. Da verstehe ich die die Vorbehalte überhaupt nicht.

Da man für die Durchführung ja auch ein Konzept erstellt haben sollte, ist es kein Problem, daraus eine Präsentation zu machen. In der Präsentation geht es eben um die Didaktik und Methodik und die pädagogischen Überlegungen, die der Prüfungsteilnehmer angestellt hat und nicht um die inhaltliche Durchführung. Meist haben die IHKs auf den Websites Informationen dazu.

R. Vogt:

Zitat: sondern es geht heute im Rollenbild um ganzheitliches Handeln und nicht ausschließlich um Vor- und Nachmachen

Das ist auch meine Meinung!

Schon bisher wurden – zumindest in etwas größeren Betrieben neben Lehrgespräch und (im handwerklichen Bereich) 4-Stufen-Methode auch Gruppenarbeits-Methode, Diskussions-Methode und vielleicht sogar Präsentations-Methode für die Ausbildung genutzt.

Die noch mehr handlungsorientierten Methoden, insbesondere Leittextmethode / Leitfragenmethode, Erkundungsmethode, Projektmethode, Fallmethode / Fallstudie sind nach meiner Meinung gute, aber eben nur begleitende Methoden: Durch diese Methoden lassen sich die Masse der Lernziele leider nicht erreichen – jedenfalls nicht in der vorgegebenen Ausbildungsdauer.

Selbsterarbeitung mit Hilfe von PC-Lernprogrammen / Online-Learning sind ein gesondertes Thema.

Im Handwerk kann auf die (modifizierte) 4-Stufen-Methode überhaupt nicht verzichtet werden, und generell (Handwerk / kaufmännischer Bereich) kann in der Alltags-Praxis nicht auf das Lehrgespräch verzichtet werden. Diese beiden Methoden werden nach meiner Einschätzung die am häufigsten eingesetzten Methoden bleiben! Alles andere ist nach meiner Einschätzung realitätsfremd.

Ich persönlich bedauere, dass in der Ausbilder-Eignungsverordnung die Präsentation bewusst als das favorisierte / erstgenannte Instrument für die Ausbildereignungsprüfung genannt ist; denn nach meiner Meinung sollte im praktischen Prüfungsteil zumindest mit einem 50%-Anteil geprüft werden, ob die Ausbilder in der Lage sind, auch praktisch auszubilden! – Das ‚Rollenverständnis‘ der Ausbilder könnte u. a. im zweiten 50%-Anteil der praktischen Prüfung geprüft werden.

Aber: Ich bin sogar der Meinung, dass einige wenige – besonders clevere und ‚reife‘ -Azubis sich ganz viel eigenständig / autodidaktisch beibringen / selbst erarbeiten können! – Das gilt erst recht für ältere Personen mit Berufserfahrung, die als Ausbilder tätig werden wollen. Aber das ist nicht die breite Masse!

Selbst die Mehrzahl der Studenten ist nicht in der Lage, sich autodidaktisch mit Hilfe aller heute zur Verfügung stehenden Medien auf ihre Examen vorzubereiten; sie brauchen ganz offensichtlich persönliche ‚Anleitungen‘ in Präsenz oder zum Beispiel per Zoom …

Im übrigen verweise ich auf meine Gedanken zu Präsentation oder ‘Unterweisung’ (siehe oben).

Wenn es bloß einen einfacheren offiziellen Begriff gäbe als dieses Wortungetüm: ‚Durchführung einer Ausbildungssituation‘!

  • Früher wurde eine ‚Unterweisung‘ durchgeführt.
  • Heute wird eine ‚Durchführung einer Ausbildungssituation‘ durchgeführt …

Anmerkung: Frau Martin …

  • … ist eine sehr erfahrene Trainerin, u. a. für ‘Vorbereitung auf die Ausbildereignungsprüfung
  • …. hat durch ihre Mitarbeit bei der Ausarbeitung von AEVO-Prüfungsfragen u. a. gute Verbindungen in die IHK-Organisation
  • … hatte nach der Neufassung des BBIG zum April 2005 meine AEVO-Lernkartei in wesentlichen Teilen aktualisiert.

Webseite von Sigrid Martin