Unter welcher Voraussetzung kann ‘Ausbildungszeugnis’ Inhalt Ihrer Ausbilder-Prüfung sein?
Im schriftlichen Teil Ihrer Ausbilder-Prüfung kann es ohne Weiteres auch Fragen zum Ausbildungszeugnis geben.
Beim praktischen Teil Ihrer Ausbilder-Prüfung kommt es darauf an:
- Sofern Sie eine Unterweisung durchführen, also ein Lehrgespräch oder einen Unterricht nach der 4-Stufen-Methode, dürfte es im anschließenden Fachgespräch keine Fragen zum Ausbildungszeugnis geben. Das liegt daran, dass Sie im Fachgespräch (lediglich) die “Auswahl und Durchführung” Ihres Unterrichts erörtern können sollen.
- Sofern Sie eine “Präsentation zu einer Ausbildungssituation” durchführen, könnte Ihr Inhalt auch den Bereich ‘Ausbildungszeugnis’ betreffen. In diesem Fall wären Fragen der IHK-Prüfer bzw. der HwK-Prüfer innerhalb des Fachgesprächs selbstverständlich zulässig.
Was sagt § 16 Berufsbildungsgesetz (BBiG)?
Zum Ende der Berufsausbildung muss ein Ausbildungszeugnis ausgestellt werden. Üblicherweise wird die Berufsausbildung durch die bestandene Abschlussprüfung bei der ‘Kammer’, also meist bei der Industrie- und Handelskammer oder der Handwerkskammer, beendet.
Das Zeugnis muss jedoch auch in allen anderen Fällen einer Ausbildungs-Beendigung ausgestellt werden, also auch bei Kündigung zum Ende der Probezeit oder bei einer außerordentlicher Kündigung nach der Probezeit oder auch im Falle eines Aufhebungsvertrages.
Das Zeugnis muss unaufgefordert zur Verfügung gestellt werden. Es ist als nicht erforderlich, dass der Azubi um das Zeugnis bittet oder es gar ‘beantragen’ müsste.
Selbstverständlich muss ein Ausbildungszeugnis auch dann ausgestellt werden, wenn der Azubi nach der Ausbildung weiter im Unternehmen beschäftigt wird. – Dies ist vielen Unternehmen nicht bewusst. In gutem Glauben ersparen sie sich zunächst das Zeugnis, weil sie meinen, ein Arbeitszeugnis zum Ende der Beschäftigung insgesamt würde reichen, weil es dann auch die erste Zeitspanne der Ausbildung umfassen wird. – Wegen dieser häufigen Fehleinschätzung gibt es innerhalb der Ausbilder-Prüfungen hierzu eine entsprechende Prüfungsaufgabe …
Das Ausbildungszeugnis muss in normaler schriftlicher Form ausgefertigt werden. Es reicht also keine entsprechende eMail – auch keine entsprechende PDF als eMail-Anhang.
Sofern der Ausbildende (früher: Lehrherr) die Ausbildung nicht selber durchgeführt, sondern einem Ausbilder übertragen hat, soll auch dieser Ausbilder das Ausbildungszeugnis mit unterschreiben. – Sofern mehrere Ausbilder zuständig waren, zum Beispiel bei der Ausbildung an mehreren Ausbildungsplätzen innerhalb eines Großbetriebes, reicht es, wenn der hauptverantwortliche Ausbilder der Ausbildungabteilung das Zeugnis mit unterschreibt.
Der Ausbildende muss zumindest ein einfaches Zeugnis unaufgefordert zur Verfügung stellen. Nur auf Antrag des Azubis ist er verpflichtet, ein qualifiziertes Zeugnis auszufertigen.
§ 109 Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO) verwendet die Begriffe einfaches und qualifiziertes Zeugnis
“Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.“
Die Gewerbeordnung gilt – als übergeordnete Rechtsquelle – auch für die Berufsausbildung.
Im Normalfall wird der Ausbildende von sich aus zum Ende der Berufsausbildung ein qualifiziertes Zeugnis erstellen, weil ein einfaches Ausbildungszeugnis lediglich eine Beschäftigungsbescheinigung darstellt. Ein neuer Arbeitgeber will aber selbstverständlich ein qualifiziertes Zeugnis sehen.
Das qualifizierte Zeugnis enthält zum Stichwort ‘Verhalten‘ normalerweise Hinweise darauf, wie sich der Azubi gegenüber seinen Mit-Azubis, gegenüber seinen Ausbildern, gegenüber den anderen Mitarbeitern im Unternehmen und vor allem auch gegen den Kunden verhalten hatte.
In ein qualifiziertes Ausbildungszeugnis wird zum Beispiel auch aufgenommen, welche ganz besonderen beruflichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten der Azubis erworben hat und an welchen beruflichen Bildungsmaßnahmen er ggf. auf seine eigenen Kosten und in seiner Freizeit teilgenommen hatte.
Damit Sie, als künftiger Ausbilder, es nicht besonders schwer haben, ein stichhaltiges Zeugnis zum Ende der Ausbildungszeit zu erstellen, könnten Sie Ihren Azubi regelmäßig schriftlich beurteilen. Hierzu sind Sie zwar aus rechtlichen Gründen nicht verpflichtet, aber Sie könnten solche regelmäßigen Beurteilungen als Azubi-Steuerungsinstrument nutzen …. und als Grundlage für das Ausbildungszeugnis.
In der schriftlichen Ausbilder-Prüfung wird übrigens hin und wieder danach gefragt, zu welchen Anlässen und in welchen Abständen Sie Ihren Azubi beurteilen sollten.
§ 109 Abs. 2 GewO enthält weitere wichtige Vorgaben
(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
Rechtsprechung hinsichtlich der Formulierungen – auch im Ausbildungszeugnis
Oberster Grundsatz ist, dass der Inhalt des Zeugnisses wahr sein muss; das heißt aber nicht, dass bei einem Zeugnis über Leitung und Führung die Verpflichtung zu schonungsloser offener Beurteilung von ungünstigen Vorkommnissen besteht. Das Zeugnis soll von verständigem Wohlwollen für den Arbeitnehmer getragen sein und ihm sein weiteres Fortkommen nicht erschweren. (BGH 26.11.1963 – VI ZR 221/62)
Die Verpflichtung zu wohlwollenden Formulierungen führt dazu, das negative Beurteilungen positiv formuliert werden.
Das bekannteste Beispiel für wohlwollende Formulierungen ist der Zufriedenheits-Code. Damit wird die Aussage ‘verschlüsselt’, inwieweit der Arbeitgeber beziehungsweise der Ausbildende mit der Arbeitsleitung beziehungsweise mit der Ausbildungsleistung des ehemaligen Azubis zufrieden war:
- Er führte seine Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit aus. (Note 1)
- Er führte seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit aus. (Note 2)
- Er führte seine Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit aus. (Note 3)
- Er führte seine Aufgaben zu unserer Zufriedenheit aus. (Note 4)
- Er führte seine Aufgaben insgesamt zu unserer Zufriedenheit aus. (Note 5)
Kostprobe zu ‘Ausbildungszeugnis’ aus meinem Online-AdA-Kurs
Innerhalb meines OnlineKurses zur Prüfungsvorbereitung auf den AdA-Schein verwende ich unter anderem folgende Aufgabenstellung als Muster für ein Ausbildungszeugnis:
Es ist üblich, dass (auch) Ausbildungszeugnisse das Geburtsdatum und den Geburtsort der Azubis enthalten, weil man die Beurteilten zweifelsfrei identifizieren können muss. – Eine der IHK-Prüfungsfragen im schriftlichen Teil der AdA-Prüfung bezieht sich auf diese Information. Die Angabe des Geburtsdatums wird als zwingend erforderlich bezeichnet!
Quizfrage
Sie sehen hier die Abbildung eines sehr alten Zeugnisses. Bitte lesen Sie doch einmal dieses antiquarische Muster vom Flohmarkt durch, denn daraus kann man tatsächlich einen Bezug zum Thema ‘Ausbildungszeugnis’ herstellen:

Hier drei Fragen, wie sie inhaltlich auch in der schriftlichen Ausbilder-Prüfung gestellt sein könnten
- Ist es erforderlich, dem Azubi auch dann ein Ausbildungszeugnis auszustellen, wenn er unmittelbar nach der Ausbildung im Betrieb weiter beschäftigt wird?
- Welche Angaben muss ein vom Ausbildenden erstelltes Ausbildungszeugnis mindestens enthalten?
Welche weiteren Angaben müssen unter welchen Voraussetzungen zusätzlich ins Ausbildungszeugnis aufgenommen werden?
- In welchen Sprachen wird das Zeugnis der zuständigen Stelle über die bestandene Abschlussprüfung ausgefertigt?

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